Antennen und Antennenmesstechnik
Antennen dienen dazu, elektromagnetische Wellen (Funkwellen) abzustrahlen oder zu empfangen. Klassische Antennen waren meist Konstruktionen aus elektrisch leitfähigen Materialien, jedoch sind moderne Antennen mittlerweile häufig hoch komplexe Gebilde, die aus einer Vielzahl von unterschiedlichen Materialien bestehen und möglicherweise in noch komplexere Gebilde wie Fahrzeuge, Flugzeuge oder Gebrauchsgegenstände integriert sind. Zu den wichtigsten elektromagnetischen Eigenschaften einer Antenne zählen die Richtcharakteristik, die Bandbreite, sowie der Wirkungsgrad. Aus der Richtcharakteristik geht hervor, in welche Richtung die Antenne hauptsächlich strahlt bzw. aus welcher Richtung sie bevorzugt Funkwellen empfängt.
Antennen, die eine ausgeprägte Bündelung in eine bestimmte Richtung aufweisen und darüber hinaus auch einen guten Wirkungsgrad haben, müssen hinreichend groß sein. Häufig werden hierzu einzelne Antennenelemente zu einer Antennengruppe kombiniert (Array). Beispielsweise wird durch die (im Vergleich zur Wellenlänge) große vertikale Ausdehnung von Mobilfunk-Basisstationsantennen erreicht, dass die recht schwach strahlenden Handys empfangen werden können. Im Allgemeinen steigt mit der Größe einer Antenne der Antennengewinn. Je höher der Antennengewinn ist, desto kleiner ist die erforderliche Sendeleistung. Durch entsprechende Signalverarbeitungsalgorithmen kann das Abstrahlungsverhalten von Antennenarrays gezielt gesteuert werden (adaptive Antennen) und es kann so z.B. erreicht werden, dass ein bestimmtes Nutzsignal gut empfangen wird und störende Signale aus anderen Richtungen unterdrückt werden.
Im terrestrischen Mobilfunk sind Funksignale vielfältigen Einflüssen (Reflexion und Streuung an Gebäuden, Pflanzen, Fahrzeugen, Personen, etc.) unterworfen und es ist meist nur möglich, statistische Aussagen über die an einer Antenne empfangenen Signale zu treffen. Da sich die Empfangssignale an einer einzelnen Antenne häufig destruktiv überlagern und so gegenseitig auslöschen, werden hier so genannte Diversity-Antennen genutzt, die aus mehreren räumlich getrennten oder auch andersartig "diversifizierten" Antennen bestehen. Gute Performance erreicht man häufig über Antennen-Arrays am Empfänger und am Sender (Multiple Input Multiple Output (MIMO)), wobei solche System jedoch sehr sorgfältig ausgelegt werden müssen, da vielfältige Effekte wie z.B. die Verkopplung der Antennen berücksichtigt werden müssen. Insbesondere ist es bei Antennen-Arrays, bei denen die einzelnen Elemente verkoppeln oder auch bei Antennen auf Fahrzeugen und Flugzeugen häufig nicht mehr sinnvoll, die Verkopplung zum Funkkanal über das Fernfeld-Richtdiagramm der Antennen vorzunehmen.
Antennen sollen häufig möglichst klein sein, um in bestehende Geräte und Systeme integriert werden zu können (Fahrzeuge, Flugzeuge, Mobiltelefone, GPS-Empfänger), um nicht unnötig aufzufallen und um die Kosten klein zu halten. Eine besondere Herausforderung sind so genannte konforme Antennen, die formschlüssig in gekrümmte Oberflächen (von Fahrzeugen, Flugzeugen) integriert werden können. Üblicherweise haben sehr kleine Antennen (bezogen auf die Wellenlänge) eine relativ kleine Bandbreite und ihr Wirkungsgrad ist nicht gut.
Aufregende neue Möglichkeiten für den Entwurf von Antennen ergeben sich durch die Nutzung von so genannten Metamaterialien. Darunter versteht man Materialien, die elektromagnetische Eigenschaften aufweisen, die so in der Natur nicht unmittelbar vorkommen. In ähnlicher Weise wie die bekannten makroskopischen Eigenschaften von Materie durch die Feinstruktur auf molekularer und atomarer Ebene geprägt sind, weisen Metamaterialien in der Regel eine bestimmte Mikrostruktur auf (z.B. kleine Resonatoren in einer periodischen Gitteranordnung), die makrospisch beispielsweise als so genannte High-Impedance Oberflächen wirken können oder in bestimmten Frequenzbereichen sowohl eine negative Dielektrizitätskonstante als auch eine negative Permeabilitätskonstante haben können. Für den Antennenentwurf ergeben sich dadurch neue Freiheitsgrade, da z.B. so genannte schnelle Wellenleiterstrukturen oder auch bisher so nicht gekannte Linsenkonfigurationen realisiert werden können.
Heutzutage erfolgt der Entwurf neuartiger Antennen fast ausschließlich unter Verwendung von leistungsfähiger numerischer Feldberechnungs-Software. Damit lassen sich die Eigenschaften einer Antenne ermitteln und optimieren, ohne dass diese zunächst aufgebaut werden muss.
Mittlerweile sind die verfügbaren Modellierungsverfahren und auch die Computertechnik (Rechenzeit, Speicherplatz) so weit entwickelt, dass sich sehr komplexe Antennen zusammen mit ihren näheren Umgebungen numerisch exakt berechnen lassen. Dies ist insbesondere für systemintegrierte Antennen von großer Bedeutung, da das Verhalten dieser Antennen sehr stark von der näheren Umgebung beeinflusst wird. Darüber hinaus lässt sich z.B. das Verhalten einer Handy-Antenne nicht nur unter Berücksichtigung des Gehäuses und der Handyelektronik, sondern auch in Gegenwart des menschlichen Körpers berechnen. Handyantennen können damit auf einfache Weise so optimiert werden, dass z.B. ein möglichst großer Anteil der Sendeleistung tatsächlich in den Freiraum abgestrahlt und nur ein kleiner Anteil im Kopf des Benutzers in Wärme umgewandelt wird.
Am Institut für Hochfrequenztechnik der Universität Stuttgart stehen unterschiedlichste kommerzielle Software-Pakete für die elektromagnetische Modellierung von Antennen und ihrer Umgebung zur Verfügung. Damit können vielfältige 3-dimensionale Antennen- und Schaltungsstrukturen und Antennen in gedruckter Schaltungstechnik (Mikrostrip, Triplate, Slot, Koplanar, etc.) effizient modelliert und optimiert werden. Für aufwendigere Problemstellungen ist es häufig erforderlich, die besonders leistungsfähigen institutseigenen Programm-Pakete zu verwenden, die sich insbesondere durch hoch entwickelte schnelle Integralgleichungslöser und verschiedene Hybridisierungen (Finite Elemente - Integralgleichung - Asymptotisch) auszeichnen. Für Antennen-Arrays und Frequenzselektive Strukturen stehen hierbei spezialisierte Programm-Pakete zur Verfügung.
Nahfeldmesstechnik
Antennenmesskammern sind in vielen Fällen zu klein, um eine direkte Fernfeldmessung durchzuführen. Die messtechnische Bestimmung des Fernfelds ist dennoch möglich. Zunächst wird das Nahfeld vermessen. Dabei wird der Abstand möglichst groß gewählt, so groß, dass möglichst geringe reaktive Feldanteile im Nahfeld vorhanden sind. Anschließend erfolgt meist eine rechnerische Zerlegung des Nahfeldes in Wellen-Moden. Das gemessene Nahfeld und das zu bestimmende Fernfeld bestehen aus denselben Moden, so dass das Fernfeld einfach aus diesen Moden berechnet werden kann. Dieser Vorgang wird als Nahfeld-Fernfeld-Transformation bezeichnet. Die meist verwendeten sphärischen und zylindrischen Multipolentwicklungen erfordern für eine vernünftige Kompensation der Messsonde in der Regel relativ viel Rechenaufwand und eine aufwendige Nahfeld-Kalibrierung der Sonde. Völlig neuartige Möglichkeiten ergeben sich in diesem Bereich jedoch durch schnelle Multipol-Methoden, wodurch es möglich wird, die Nahfeldkompensation der Sonde ausschließlich unter Verwendung ihrer Fernfeld-Richtcharakteristik durchzuführen. Das Institut für Hochfrequenztechnik der Universität Stuttgart entwickelt sowohl eigene Nahfeld-Messtechnik (im Zeit- und Frequenzbereich) als auch Algorithmen und Software-Programme zur Durchführung der Nahfeld-Fernfeld-Transformation